Augsburger Patrizier  -  Tanz und Geschichte

Die Tanzgruppe der Augsburger Patrizier bewahrt ein Stück Augsburger Kulturgeschichte. Auf Festen und kulturellen Veranstaltungen präsentieren wir historische Tänze und Gewandungen aus Renaissance und Barock, wobei wir uns an der Augsburger Stadtgeschichte orientieren. Dazwischen streuen wir launige Kommentare aus "unserem Jahrhundert" ein und hin und wieder meldet sich auch Jakob Fugger (1459-1525) - der "reichste Mann der Welt" - zu Wort. Außerdem beleben wir die ursprünglich französische Tradition der sogenannten „Tableaux vivants“ (zu deutsch „Lebende Bilder“) neu: die Darsteller zeigen eine unbewegte Szene, indem sie „versteinern“ und so die Künstlichkeit des stillgelegten Lebens verdeutlichen. Doch diese Transformation ist brüchig, denn minimale Bewegungen zerstören die Illusion des Unbelebten und führen zu einer besonderen Kommunikation zwischen dem Objekt und dem Betrachter.


Tänze aus Renaissance und Barock

In unserer Gruppe versuchen wir, historische Tänze und deren Schrittmaterialen so authentisch wie möglich wiederzugeben.
Kreistänze, Longways und Solotänze werden dabei von uns unterhaltsam und abwechslungsreich in Szene gesetzt.

~ Renaissance-Tänze ~


Es gibt historische Schriften von Tanzmeistern der Renaissance (z.B. Cesare Negri, Fabritio Caroso, Thoinot Arbeau), die für uns wertvolle Zeugnisse der damaligen Tanzkultur darstellen. Aus diesen Beschreibungen - die wir z.T. sogar vom Originaltext übersetzt haben - rekonstruieren wir unsere Tänze.

~ Barock-Tänze ~

War in der Renaissance Italien tonangebend, so nimmt diese Rolle im Barock nun Frankreich und insbesondere der französische Königshof ein. Die im 90-Grad-Winkel auswärts gedrehten Füße, das Beugen der Knie und neue Schrittformen erobern das Parkett. Die Tänze waren unterschiedlich anspruchsvoll. Bei den höheren Gesellschaftsschichten kamen komplexe Bewegungsabläufe und Figuren in Mode, zu deren Ausführung langes Training und Unterricht bei einem Tanzmeister erforderlich wurden. Daneben existierten natürlich eine Vielzahl von einfacheren Gassen- und Karreetänzen, die sich aus den englischen "Country Dances" entwickelten und in Frankreich "Contre Danse" genannt wurden.


Die Kunst der "Tableaux vivants" (= Lebende Bilder)

Ursprünglich hatten sie meist historische Inhalte, im Laufe der Zeit kamen Themen aus der klassischen Malerei und der Mythologie hinzu. Auch allegorische Figuren wie der Krieg, die Armut, die Habsucht oder die Pest wurden dargestellt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bildeten aufwändige Theater-Tableaux in den großen Städten ein beliebtes Freizeit-vergnügen. Noch heute finden die "Lebenden Bilder" Verwendung, z.B. bei den Oberammergauer Passionsspielen. Dort werden zwischen den einzelnen Aufzügen Szenen aus dem Alten Testament dargestellt. In der Kunstform der "Living Mannequins" - auch "Lebende Statuen genannt - lebt diese Tradition fort. Wem sind sie nicht schon in Fußgängerzonen oder auf Festivals begegnet? Allerdings sind "Lebende Bilder" im engeren Sinn keine Solodarstellungen, sondern Gruppenbilder.

Fresko an den Fuggerhäusern in Augsburg (im Krieg zerstört) und unser daran angelehntes Tableau Vivant:

Jakob Fugger beaufsichtigt den Bau der Fuggerei


Unsere historische Kleidung ("Gewänder")

Bei unserer historischen Kleidung - wir nennen sie Gewänder - achten wir auf Authentizität, d.h. sie soll in Schnitt, Farbe bzw. Muster und Material weitgehend der damaligen Mode entsprechen. Dabei orientieren wir uns an Gemälden und ziehen Fachliteratur zu Rate. Die Gewänder fertigen wir selbst an oder mit Unterstützung von historisch versierten Schneiderinnen.

Hochzeitsbild der Eheleute Jakob Fugger und Sibylla Artzt


(1498) Maler unbekannt, wird Hans Burkmair zugeschrieben. London, The Schroder Collection


Jakob Fugger der Reiche (nach 1593)

aus dem Buch von Dominicus Custos: Fuggerorum et Fuggerarum.

Bayerische Staatsbibliothek



  Anna von Österreich, Herzogin von Bayern                                         Jean-Etienne Liotard: Das Schokoladenmädchen /

                                                                                                                                  La Belle Chocolatière de Vienne (ca. 1744)

                                                                                                                                  Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden